Teil 2 - Dieselskandal: Keine Verjährung in 2020

Teil 2 – Dieselskandal: Keine Verjährung in 2020

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – im sognannten Dieselskandal gegen VW entschieden, dass den Verbrauchern ein Schadenersatzanspruch in Form der Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der gefahrenen Kilometer als Nutzungsvorteil Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges zusteht.

 

Genauere Informationen können Sie unserem „Teil 1 – Dieselskandal: BGH Urteil 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19“ entnehmen. Dort ist das gesamte Urteil abgedruckt. Zudem geben wir eine Einschätzung zu den grundsätzlichen Erfolgsaussichten ab.

Der Volkswagenkonzern (Volkswagen AG (Audi, Seat, Skoda)) als Hersteller hat im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages mit dem Käufer über den Händler den Käufer vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt.

Damit hat der Bundesgerichtshof zugunsten der Verbraucher die bisherige unsichere Rechtslage zur Frage, ob die Volkswagen AG (Audi, Seat, Skoda) als Hersteller die Käufer vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und damit ein Schadenanspruch entstanden ist, geklärt.

Dieselskandal: Keine Verjährung in 2020, keine Verjährung § 826 BGB

Offen war zudem bisher die Frage, in welchem Zeitraum die Ansprüche nun verjähren.

Grundsätzlich verjähren Schadenersatzansprüche aus vorsätzlicher sittenwidriger Handlung aus § 826 BGB nach §§ 195, 199 BGB. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger der anspruchsbegründenden Umstände und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste.

Verschiedenste Landgerichte vertraten aber verschiedenste Rechtsstandpunkte zur Frage des Verjährungsbeginns.

Demnach bestand bei einer großen Anzahl von Landgerichten die Einigkeit, dass der Verjährungsbeginn mit der öffentlichen Bekanntgabe des Dieselskandals mit dem Schluss des Jahres 2015 beginnen soll und damit Ansprüche mit Schluss des Jahres 2018 verjährt sein müssen.

Demgegenüber steht aber die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass die Verjährung ausnahmsweise hinausgezogen sein kann, wenn die Klageerhebung für den Kläger objektiv unzumutbar ist, weil die Rechtslage besonders verwickelt und problematischer ist und wenn gewichtige rechtliche Zweifel vor der Klärung der Rechtslage bestehen (BGH, Urteil vom 16.06.2016 – I ZR 222/14, BGH, Urteil vom 28.10.2014 – VI ZR 348/13).

Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes tritt der Verjährungsbeginn daher erst dann sein, wenn eine zutreffende Einschätzung der Rechtslage möglich ist.

Der Käufer der Fahrzeuge der Volkswagen AG (Audi, Seat, Skoda) war es nach unserer Auffassung und auch nach nunmehriger Auffassung des Landgerichts Duisburg mit Urteil vom 20.01.2020 – 4 O 165/19, Landgericht Trier mit Urteil vom 19.9.2019 – 5 O 417/18 sowie Landgericht Frankfurt (Main) mit Urteil vom 05.02.2020 – 2-04 O 321/19  angesichts der unklaren Rechtslage bislang unzumutbar, eine Klage gegen die Volkswagen AG (Audi, Seat, Skoda) anzustrengen.

Demnach sollte der Beginn der Verjährung weiterhin hinausgeschoben sein müssen bis wohl zur nunmehrigen grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19. Diese Frage müsste daher noch abschließend vom Bundesgerichtshof geklärt werden.

Denn die Rechtslage war bis dahin bezüglich der Schadenersatzansprüche von Fahrzeugeigentümern gegenüber der Volkswagen AG höchst umstritten.

Teilweise besteht immer noch über die Rechtslage zwischen Kammern desselben Gerichts und sogar zwischen Einzelrichtern einzelner Kammern Uneinigkeit über rechtliche Grundfragen.

Dem geschädigten Käufer muss daher die Klageerhebung objektiv unzumutbar sein, weil für ihn nicht vorhersehbar ist, wie seine Klage von einem damit befassten Gericht entschieden wird. Es hat bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2020 – VIZR 252/19 – letztlich vom Zufall abgehangen, ob der Käufer an einen Spruchkörper gerät, der seiner Klage stattgibt oder sie abweist.

Vorausgreifend vor dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – hat das Landgericht Duisburg mit Urteil vom 20.01.2020 – 4 O 165/19 – die Volkswagen AG auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 15.855,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2019 Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges der Volkswagen AG verurteilt. Es hat in seiner Entscheidung bereits die vorbenannte ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Hemmung der Verjährung beachtet.

Es ist damit zu rechnen, dass aufgrund des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – weitere landgerichtliche Urteile zugunsten der Käufer entscheiden werden, in welchen der Verjährungsbeginn erst mit Schluss des Jahres 2020 zu laufen begonnen haben könnte.

Würde man dieser Auffassung folgen, hätten Käufer der Fahrzeuge der Marke Volkswagen und Konzerntöchtern Audi, Skoda, Seat und weitere noch bis zum Jahre 2023 Zeit, ihre Schadenersatzansprüche durchzusetzen. Jedenfalls ist diese Rechtsauffassung vertretbar und mit Wahrscheinlichkeit durchsetzbar.

Natürlich bedarf es dafür eines sachkundigen Rechtsanwaltes, welcher sich bereits mit der Thematik des besonderen Verjährungsbeginn befasst hat.

Sollten Sie Interesse an der Rückabwicklung Ihres Kaufvertrages, somit der Durchsetzung Ihres Schadenersatzanspruches gegenüber der Volkswagen AG, im Jahre 2020 und später noch haben, stehen wir als Ihre Rechtsanwälte jederzeit gern zu einem kostenlosen Erstgespräch zur Verfügung. Damit können Sie Ihre Chancen besser einschätzen, wir erklären Ihnen das weitere Vorgehen und mit welchen Kosten Sie zu rechnen haben.

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Als Weiteres stellen wir folgend das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 20.01.2020 – 4 O 165/19 – zur Verfügung:

In dem Rechtsstreit des Klägers XY gegen die die Volkswagen AG, vertreten durch den Vorstand, d.v.d.d. Vorsitzenden Herbert Diess, Berliner Ring 2, 38440 Wolfsburg,

hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25.11.2019

durch die Richterin am Landgericht XY als Einzelrichterin

 

für Recht erkannt:

 

Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei 15.855,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2019 Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs der Marke Volkswagen Passat Variant 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer zu zahlen.

 

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die klagende Partei zu 35 % und die Beklagte zu 65 %.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für die klagende Partei nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die klagende Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die klagende Partei erwarb am 18.02.2015 das im Tenor bezeichnete gebrauchte Fahrzeug von der Volkswagen Zentrum Duisburg GmbH & Co. KG in Duisburg zu einem Kaufpreis von 23.940,00 €. Das Fahrzeug wurde der klagenden Partei im März 2015 mit einem Kilometerstand von 19.844 km übergeben und in der Folge von ihr genutzt.

Die Beklagte hatte den im Fahrzeug verbauten Motor des Typs EA 189 entwickelt und hergestellt. Dieser Motor zeichnet sich durch eine spezielle Software aus. Diese erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und veranlasst dann eine erhöhte Rückführung von Abgasen in den Motor, wodurch sich die Stickoxid-Emissionen verringern. Unter Verwendung dieser Motorensteuergerätesoftware erhielt das Fahrzeug eine EG-Typengenehmigung, weil die zuständige Behörde davon ausging, dass der Fahrzeugtyp die Anforderungen der Euro-5-Norm erfüllt. Im normalen Fahrbetrieb wird der Prüfstandmodus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt, sodass die Grenzwerte — auch unter vergleichbaren Bedingungen wie im NEFZ — überschritten werden. Der Dieselmotor wurde serienmäßig in diversen Fahrzeugmodellen der Beklagten sowie deren Konzernunternehmen verbaut.

Am 22.09.2015 veröffentlichte die Beklagte bezogen auf die zuvor dargestellte Software eine Pressemitteilung, in der es u.a. heißt:

 

Weitere bisherige interne Prüfungen haben ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns vorhanden ist. Bei der Mehrheit dieser Motoren hat die Software keinerlei Auswirkungen. Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund 11 Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Prototyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandwerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. Volkswagen arbeitet mit Hochdruck daran diese Abweichung mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. Das Unternehmen steht dazu derzeit in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem deutschen Kraftfahrtbundesamt.

 

Mit einer Pressemitteilung vom 02.10.2015 informierte die Beklagte die Öffentlichkeit über eine von ihr bereit gestellte Internetseite, auf der jedermann durch Eingabe einer Fahrzeugidentifikationsnummer überprüfen konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der in Rede stehenden Software ausgestattet war.

 

Über den sog. Diesel-Skandal wurde in Rundfunk, Fernsehen und Printmedien ausführlich berichtet. Wegen der Presseberichterstattung wird auf BI. 123 ff. Bezug genommen; darin wurden auch die von der Beklagten herausgegebenen weiteren Pressemitteilungen aufgegriffen BI. 129 ff.

 

Mit Bescheid vom 15.10.2015 verpflichtete das Kraftfahrtbundesamt die Beklagte bei allen Fahrzeugen mit dem Aggregat EA 189 EU5 die aus ihrer Sicht unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen und nachzuweisen, dass in der Folge die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Software, nach dem das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Das Kraftfahrtbundesamt gab die technische Maßnahme in Form dieses Software-Updates für den hier streitgegenständlichen Typ VW Passat Variant 2.0 TDI frei. Es bestätigte, dass nach dem Update keine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt wurde.

 

Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.05.2019 forderte die klagende Partei die Beklagte auf, bis zum 20.05.2019 23.940,00 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung zu zahlen.

 

Das Fahrzeug wies zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 25.11.2019 einen Kilometerstand von 97.569 km auf.

 

Die klagende Partei ist der Ansicht, die Beklagte habe sie vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und sei ihr daher zum Schadensersatz verpflichtet.

 

Sie ist der Ansicht, sie habe ein mangelhaftes Fahrzeug erworben. Die Software stelle eine verbotene Abschalteinrichtung im Sinne der Art. 3 Nr. 10 und Art. 5 Abs. 2 VO(EG) 715/2007 dar, weil sie die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringere. Das Fahrzeug entspreche aufgrund der verbauten Software nicht den geltenden Vorschriften der Euro-5-Norm. Daher bestehe, so behauptet die klagende Partei, das Risiko, dass dem Fahrzeug die Betriebserlaubnis entzogen und es stillgelegt werde.

 

Die Beklagte habe sie über die Gesetzeskonformität der Software und die Richtigkeit der von dem Fahrzeug auf dem Prüfstand erzielten Schadstoffwerte getäuscht; dies schon durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis auf diese Software. Aufgrund dieser Täuschung sei sie einem entsprechenden Irrtum unterlegen. Hätte sie gewusst, dass die Angaben über den Schadstoffausstoß des Fahrzeugs und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für die Messung falsch gewesen seien, so hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft. Ihr Schaden liege damit bereits im Abschluss des Kaufvertrages, der für sie ungünstig sei und den sie bei Kenntnis der Sachlage nicht geschlossen hätte. Für sie sei gerade die Werbung der Beklagten mit der besonderen Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugtyps ein schlagendes Kaufargument gewesen. Schließlich habe das Fahrzeug aufgrund der Manipulation einen erheblichen Wertverlust erlitten. Daran ändere auch das unzureichende Software¬Update, auf das sie sich ihrer Ansicht nach als abschließende Reparaturmaßnahme nicht einlassen müsse, nichts. Durch das Update werde eine neue unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. Thermofensters implementiert.

 

Die klagende Partei hält das Vorgehen der Beklagten für sittenwidrig. Das Verhalten der Beklagten habe dazu gedient, auf Kosten der Verbraucher, den Umsatz der Beklagten zu steigern, sich im Wettbewerb mit konkurrierenden Unternehmen durchzusetzen und die Marktmacht des Unternehmens weiter auszubauen. Da es der Beklagten nicht gelungen sei, die Motoren im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen zu entwickeln, hätten die Entwicklungsingenieure der Beklagten mit Kenntnis des Vorstandes ab 2008 in alle EA 189 Motoren die zunächst von der Bosch GmbH für Testzwecke entwickelte Software eingebaut, um im Falle eines Abgastests die Messwerte für Stickoxid im Sinne der Beklagten zu manipulieren und so die Grenzwerte der Euro-5-Norm zum Zwecke der Erlangung der EU-Typengenehmigung für die fraglichen Motoren zu unterschreiten. Der Rollenstandprüfmodus führe zu einer Steigerung der Feinstaubquote im Partikelfilter und damit einem höheren Risiko eines Partikelfilterausfalls sowie Motorschadens. Da es den Entwicklungsingenieuren bei Volkswagen nicht möglich gewesen sei, das Abgasrückführungssystem so zu optimieren, das die Langzeitschäden verhindert würden, sei entschieden worden, die Software ausschließlich für den Testmodus des Rollenprüfstandtests einzusetzen. Die Weiterentwicklung der Software und deren Einsatz seien von den Entwicklungschefs Hackenberg und Winterkorn koordiniert worden. Darüber hinaus waren — unstreitig — im Zeitraum von 2005 bis 2015 verschiedene leitende Mitarbeiter an der Weiterentwicklung und Implementierung der Software beteiligt (im Einzelnen BI. 196 ff.). Im Übrigen sei es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors eingebundenen weiteren Verantwortlichen zu benennen. Schließlich sei zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derart organisiert habe, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhielten. Es sei also naheliegend und keineswegs aus der Luft gegriffen und von der Klagepartei ins Blaue hinein behauptet, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernverstandes Kenntnis von den hier in Rede stehenden Vorgängen gehabt habe.

 

Sämtlichen Beteiligten seien die Folgen ihres Handelns bewusst gewesen; sie hätten diese billigend in Kauf genommen. Die klagende Partei ist der Ansicht, die Beklagte müsse sich das Verhalten und Wissen des Vorstandes und der Repräsentanten zurechnen lassen.

 

Die klagende Partei behauptet, das Fahrzeug habe eine zu erwartende Gesamtlaufleistung von 300.000 km, die bei einer etwaigen Berechnung von Nutzungsvorteilen zugrunde zu legen sei.

 

Sie ist weiter der Ansicht, die Verjährung sei durch die Anmeldung zur Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig wirksam gehemmt worden. Sie behauptet dazu, sie habe sich am 27.12.2018 angemeldet, die Abmeldung sei am 14.05.2019 erfolgt.

 

Die klagende Partei hat zunächst beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 23.940,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent seit dem 10.03.2015 bis 20.05.2019 und seither von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs der Marke Volkswagen Passat Variant 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer zu zahlen,

festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 21.05.2019 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. Bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet,

die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.899,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2019 zu zahlen.

 

In der mündlichen Verhandlung hat die klagende Partei die Hauptsache in Höhe von 6.641,78 € für erledigt erklärt. Im Übrigen hält sie ihre Anträge aufrecht.

 

Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

 

Sie beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagte behauptet, die Gebrauchstauglichkeit, die hier in der Nutzbarkeit im Straßenverkehr liege, sei jederzeit gegeben gewesen. Das Fahrzeug sei stets sicher und fahrbereit gewesen und habe nach Ansicht der Beklagten über eine für seine Emissionsklasse erforderliche EG-Typengenehmigung verfügt. Die Beklagte behauptet, der Marktwert gebrauchter Fahrzeuge mit der streitgegenständlichen Software sei allenfalls aufgrund der allgemeinen Verschiebung der Nachfrage von Dieselfahrzeugen hin zu Benzinfahrzeugen gesunken. Ein Schaden sei der klagenden Partei nicht entstanden. Es sei deshalb auch nicht nachvollziehbar, dass das Abgasverhalten des Fahrzeugs oder die Software die Kaufentscheidung der klagenden Partei beeinflusst hätten. Durch das von ihr kostenlos bereit gestellte Software-Update sei ein eventueller Mangel jedenfalls beseitigt worden. Es ergäben sich keine negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2 Immissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen. Dies hat das Kraftfahrtbundesamt in der Freigabebestätigung des Updates — unstreitig —bestätigt. Die Dauerhaltbarkeit der des Motors und seiner Komponenten werde nicht beeinträchtigt.

 

Sie habe die klagende Partei in keiner Weise getäuscht. Die Beklagte verweist darauf, dass — unstreitig — für die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte zur Erlangung der EG-Typengenehmigung nach den gesetzlichen Vorgaben nur der synthetische Fahrzyklus unter Laborbedingungen mit fünf künstlichen Fahrkurven maßgeblich ist, sodass es naturgemäß stets zur Abweichung zwischen den angegebenen Abgaswerten als Laborwerten und denjenigen Werten, die auf der Straße erzielt werden, kommt. Die seitens der Beklagten angegebenen Stickoxidausstoßwerte, die im Rahmen der Typengenehmigung des Fahrzeugmodells ermittelt worden sind, entsprechen den Werten, die unter den gesetzlich vorgegebenen Testbedingungen tatsächlich gemessen worden sind.

 

Jedenfalls sei ihr Verhalten — so die Ansicht der Beklagten — nicht als besonders verwerflich zu qualifizieren.

 

Im Rahmen des § 826 BGB komme es auch auf den Schutzzweck der verletzten Verhaltensnorm an. Die VO(EG) Nr. 715/2007 stelle lediglich Verhaltensnormen mit allgemein schützendem öffentlich-rechtlichem Charakter auf.

 

Die Beklagte behauptet weiter, ihr damaliger Vorstandsvorsitzender und andere Mitglieder des Vorstandes hätten zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software und deren Verwendung im Fahrzeug der klagenden Partei nicht von dieser gewusst; sie hätten erst am Wochenende 19./20.09.2015 Kenntnis von der Verwendung der Software in europäischen Dieselfahrzeugen mit dem Motortyp EA 189 erlangt. Die Entscheidung die Software zu verändern sei von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene getroffen worden. Auf den Vorsatz solcher Mitarbeiter, die nicht Organe seien, komme es, so die Ansicht der Beklagten, nicht an. Jedenfalls hätten die Mitarbeiter im Rahmen ihrer Entwicklungsarbeit, so behauptet die Beklagte, nicht mit einem Endkunden bezogenen Schädigungsvorsatz, also dem Vorsatz gehandelt, dass das Fahrzeug aufgrund der Umschaltlogik minderwertig sein könnte. Die internen Ermittlungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen. Die Beklagte ist der Ansicht, sie treffe in diesem Zusammenhang keine sekundäre Darlegungslast; der Vortrag der klagenden Partei sei nicht ausreichend. Jedenfalls sei sie einer sekundären Darlegungslast in ausreichendem Maße nachgekommen.

 

Die klagende Partei müsse sich die gezogene Nutzung des Fahrzeugs anrechnen lassen. Bei der Berechnung der Nutzungsvorteile sei, so behauptet die Beklagte, eine zu erwartende Gesamtlaufleistung von 200.000 bis 250.000 km zugrunde zu legen.

 

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Dazu behauptet sie, die klagende Partei habe bereits im Jahr 2015 von allen anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt. In Anbetracht der umfassenden Medienberichterstattung zur diese Thematik im Herbst 2015 sowie der von Beklagtenseite unternommenen Schritte zur Aufklärung der betroffenen Fahrzeughalter sei es lebensfremd, anzunehmen, dass die Klagepartei im Herbst 2015 keine Kenntnis von der diese Thematik und der individuellen Betroffenheit des streitgegenständlichen Fahrzeugs gehabt habe. Jedenfalls bestehe eine sekundäre Darlegungslast; so habe die klagende Partei näher dazu vorzutragen, warum sie trotz der weiträumigen Medienberichterstattung und der Möglichkeit einer individuellen Betroffenheitsabfrage keine Kenntnis gehabt habe. Bereits im Jahr 2015 sei es der klagenden Partei möglich gewesen, eine schlüssige Klage zu erheben.

 

Die Beklagte ist der Ansicht, auf eine verjährungshemmende Wirkung ihrer Anmeldung zur Musterfeststellungsklage könne sich die klagende Partei nicht berufen, weil die Anmeldung und die spätere Rücknahme rechtsmissbräuchlich erfolgt seien. Die klagende Partei habe sich, so behauptet die Beklagte, lediglich zum Zwecke der Verjährungshemmung zur Musterfeststellungsklage angemeldet, ohne jemals vor gehabt zu haben, an dem Verfahren vollständig teilzunehmen. Die An-und Abmeldung zur Musterfeststellungsklage bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen. Wegen der Vielzahl der Anmeldung liege ihr kein vollständiger Registerauszug über die Anmeldungen vor, obwohl sie einen solchen angefragt habe.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

 

1.

Die Klage ist nicht gemäß § 610 Abs. 3 ZPO unzulässig. Danach kann ein zur Musterfeststellungsklage angemeldeter Verbraucher während der Rechtshängigkeit der Musterfeststellungsklage gegen den Beklagten keine Klage erheben, deren Streitgegenstand denselben Lebenssachverhalt und dieselben Feststellungsziele betrifft. Die klagende Partei hat ihre Anmeldung zum Klageregister zurückgenommen. Davon ist aufgrund der in Abschrift zur Akte gereichten Bestätigung (BI. 308) auszugehen. Die Beklagte ist dieser nicht erheblich entgegen getreten.

 

Nachdem die klagende Partei in der mündlichen Verhandlung sämtliche Umstände mitgeteilt hat, anhand derer sich die im Antrag berücksichtigte Nutzungsentschädigung aus Sicht der klagenden Partei berechnen lässt, ist der Zahlungsantrag hinreichend bestimmt.

 

Mit der teilweisen Erledigungserklärung begehrt die klagende Partei die Feststellung, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache insofern erledigt hat. Ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung besteht deshalb, weil die klagende Partei bei nachträglicher Erledigung ohne die begehrte Feststellung die Kosten des Rechtsstreits tragen müsste.

 

Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse hinsichtlich des Antrags zu 2) folgt aus § 765 ZPO, weil die klagende Partei im Falle ihres Obsiegens die spätere Zwangsvollstreckung nur unter erschwerten Voraussetzungen betreiben kann, solange der Annahmeverzug nicht rechtskräftig festgestellt ist.

 

Die klagende Partei hat gegen die Beklagte aus § 826 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 15.855,32 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des im Tenor bezeichneten Fahrzeugs. Danach ist derjenige, der einem anderen in einer gegen die Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zufügt, zum Ersatz verpflichtet. Diese Voraussetzungen liegen vor.

 

a)

Die klagende Partei hat durch ein der Beklagten zuzurechnendes Verhalten ihrer Organe einen Schaden erlitten. Die schädigende Handlung liegt in dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit dem von ihr entwickelten und hergestellten Motors EA 189. Letztlich infolge dieser Handlung hat die klagende Partei das streitgegenständliche Fahrzeug erworben; im Erwerb des Fahrzeugs liegt ihr Schaden.

 

Schaden im Sinne des § 826 BGB bedeutet jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses oder Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 — II ZR 402/02 —, BGHZ 160, 149-159, Rn. 41; Sprau in: Palandt, 76. Aufl. 2017, § 826 BGB, Rn. 3, m.w.N.). Deshalb kann jemand auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass er durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 — VI ZR 15/14 —, Rn. 18, juris).

 

So verhält es sich hier. Die klagende Partei hat ein mangelhaftes Fahrzeug erworben; sie hat einen für sie ungünstigen und letztlich ungewollten Kaufvertrag abgeschlossen, in dem Kaufsache und Kaufpreis aufgrund eines Mangels zwangsläufig in einem Missverhältnis zu Lasten der klagenden Partei stehen. Durch den Einbau der Motorensteuergerätesoftware mit den zwei Betriebsmodi war das Fahrzeug nämlich jedenfalls zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit einen Mangel behaftet. Das Fahrzeug eignete sich nicht zur gewöhnlichen Verwendung, da es mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der Art. 3 Nr. 10 und Art. 5 Abs. 2 VO(EG) 715/2007 versehen war, sodass die Gefahr einer Betriebsuntersagung bestand und der ungestörte Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet war. Das Gerichts macht sich die zutreffenden Ausführungen des Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 08.01.2019 (BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 — VIII ZR 225/17 —, juris) zu Eigen. Von einer brauchbaren Leistung — Hauptzweck des Fahrzeugs ist dessen Nutzung im Straßenverkehr — kann danach nicht ausgegangen werden. Die klagende Partei hat damit nicht nur ein Fahrzeug erworben, das nicht ihren berechtigten Vorstellungen entsprach, sondern auch eines, das sie nicht erworben hätte, wenn sie die tatsächlichen Hintergründe gekannt hätte, wenn ihr der Verbau der Motorensteuergerätesoftware mit den zwei Betriebsmodi bekannt gewesen wäre. In der Regel kann dem Angebot einer Sache nicht die Erklärung entnommen werden, diese sei mangelfrei. Anders verhält es sich aber dann, wenn der Verkäufer eine täuschende Manipulation vorgenommen hat, um dem Erwerber die Vertragsgemäßheit der Ware vorzuspiegeln. Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall. Bevor ein Kraftfahrzeughersteller berechtigt ist, ein Fahrzeug für die Nutzung im Straßenverkehr auf den Markt zu bringen, hat er die erforderlichen Zulassungs- und Genehmigungsverfahren erfolgreich zu durchlaufen. Der Endverbraucher vertraut berechtigterweise darauf, dass ein zugelassenes Fahrzeug dieses Verfahren durchlaufen hat und die gesetzlich vorgegebenen Bestimmungen ohne eine spezielle Einrichtung zur Veränderung der Emissionswerte allein auf dem Prüfstand erfüllt. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs suggeriert vor diesem Hintergrund, dass damit auf dem Prüfstand, also unter idealen Fahrbedingungen, die Grenzwerte der EU-5-Norm ohne eine spezielle Einwirkung auf das Emissionsverhalten des Fahrzeugs eingehalten, die Vorgaben des Genehmigungs- und Zulassungsverfahrens also erfüllt werden. Davon, dass das Fahrzeug das Genehmigungs- und Zulassungsverfahren ohne eine Manipulation durchlaufen hat, ist die klagende Partei, wie jeder durchschnittliche Käufer, ausgegangen, mag sie sich darüber auch keine konkreten Gedanken gemacht haben. Es kann nicht angenommen werden, dass die klagende Partei das Fahrzeug (zu demselben Preis) auch dann gekauft hätte, wenn sie gewusst hätte, dass der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs die EG-Typengenehmigung nur erhalten hatte, weil die Beklagte die Software mit dem speziellen Rollenprüfstandmodus verbaut hatte. Dafür spricht die allgemeine Lebenserfahrung. Ein vernünftiger Käufer würde sich nicht auf die sich daraus ergebende Unsicherheit in Bezug auf die Zulassung einlassen; dass das Fahrzeug die für den Straßenverkehr erforderlichen Genehmigungen und Zulassungen besitzt und dass nicht die Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs drohen kann, stellt im Rahmen des für die Kaufentscheidung relevanten Motivbündels aus Sicht des Käufers das maßgebliche Motiv für den Abschluss des Kaufvertrags dar. Es spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Einwirkung der Beklagten Einfluss auf die Entschließung der klagenden Partei ausgeübt hat. Diesen Anscheinsbeweis hat die Beklagte nicht erschüttert oder widerlegt. Die klagende Partei hat die Behauptung der Beklagten, sie hätte das Fahrzeug auch bei Kenntnis von der Motorsteuerungssoftware und deren Folgen erworben, nicht bestätigt.

 

Der Schaden ist damit unabhängig davon eingetreten, ob das streitgegenständliche Fahrzeug durch die Software einen Wertverlust erlitten hat. Auch kommt es nicht erheblich auf die Frage an, ob die Beklagte ein Software-Update entwickelt hat, das die oben dargestellten Mängel folgenlos beseitigt. Denn zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses war das Update noch nicht entwickelt.

 

b)

Das Verhalten der Beklagten ist als sittenwidrig zu qualifizieren.

 

Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2013 — VI ZR 124/12 —, Rn. 8, juris).

 

Die       Entwicklung     und      das       massenhafte    Inverkehrbringen          der Motorsteuerungsgerätesoftware, allein mit dem Zweck, den wahren Abgasausstoß der mit den entsprechenden Motoren ausgestatteten Fahrzeuge zu verschleiern, stellt sich in der Gesamtschau als sittenwidrig dar. Die Beklagte hat Dritte bewusst mit dem Ziel geschädigt, sich selbst Sondervorteile zu verschaffen und zwar mit Mitteln, die über ein zulässiges Wettbewerbsverhalten hinausgehen. Es muss entsprechend dem Vortrag der klagenden Partei angenommen werden, dass die in Rede stehende Software aus rücksichtslosem Gewinnstreben allein zu dem Zweck eingebaut wurde, den Schadstoffausstoß im Genehmigungsverfahren zu manipulieren und den tatsächlichen Schadstoffausstoß zu verschleiern. Mit einem erheblichen technischen Aufwand haben die Mitarbeiter der Beklagten die gesetzlichen Vorschriften über die einzuhaltenden Grenzwerte ausgehebelt; sie haben ein System zur planmäßigen Verschleierung ihres Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden und den Verbrauchern geschaffen. Entweder war die Beklagte nicht in der Lage die zur Einhaltung der gesetzlichen Abgasvorschriften erforderliche Technik zu entwickeln oder sie unterließ die Entwicklung aufgrund der der damit verbundenen Kosten. Redliche Motive für den Einbau der Software sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht vorgetragen. Durch das Verhalten wurde der klagenden Partei ungewollt eine mangelhafte Sache aufgedrängt; die Mitarbeiter der Beklagten nahmen Einfluss auf ihre Willensbildung im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses, eine informierte Entscheidung konnte die klagende Partei nicht treffen.

 

c)

Die Mitarbeiter der Beklagten handelten vorsätzlich.

 

Der Vorsatz muss sich auf alle Tatsachen beziehen, die den Tatbestand ausmachen, also den Eintritt eines Schadens, die Kausalität des eigenen Verhaltens und die die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände. Die Person des Geschädigten muss dem Schädiger allerdings nicht bekannt sein. Es genügt, dass der Schädiger die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden anderer auswirken konnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat (BGH, Urteil vom 26. Juni 1989 — II ZR 289/88 —, BGHZ 108, 134-146, Rn. 13). Für die Bejahung des Schädigungsvorsatzes reicht es aus, dass der Ersatzpflichtige den dem Ersatzberechtigten entstandenen Schaden zumindest in der Form des bedingten Vorsatzes zugefügt hat (BGH, Urteil vom 14. Juni 2000 — VIII ZR 218/99 —, Rn. 18, juris).

 

Die Software wurde offensichtlich mit den oben genannten Zielen bewusst in die Motoren eingebaut. Die den Schadstoffausstoß beeinflussende Software muss in ihrer spezifischen Wirkweise willentlich entwickelt und installiert worden sein. Sie ist gerade mit der Absicht eingebaut worden, das Durchlaufen des NEFZ zu erkennen und den Schadstoffausstoß während der behördlichen Prüfung zu senken, um so die erforderlichen Genehmigungen zu erhalten. Aus dem Umstand, dass die Software überhaupt entwickelt, eingebaut und genutzt worden ist, folgt, dass den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten bewusst war, dass der von ihr entwickelte Fahrzeugtyp die gesetzlich geforderten Grenzwerte nicht einhält und dass keine Genehmigung nach der Euro-5-Norm erteilt werden könne. Denn andernfalls wäre der Einsatz einer Software, die die Schadstoffemissionen nur auf dem Prüfstand verbessert, überflüssig gewesen. Dass die erst am 20.07.2007 in Kraft getretene VO (EG) 715/2007 dabei jedem Mitarbeiter bekannt war, kann angesichts ihrer herausragenden Bedeutung für die Automobilindustrie vorausgesetzt werden. Die Heimlichkeit des Einsatzes der kritischen Softwarefunktion, insbesondere dass diese auch dem Kraftfahrtbundesamt nicht zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit offengelegt wurde, lässt den Schluss zu, dass die Beteiligten damit rechneten, eine solche Offenlegung werde zu Schwierigkeiten hinsichtlich der EG-Typgenehmigung führen und potentielle Kunden würden in Kenntnis der Software, vom Kauf eines mit derartigen rechtlichen Unsicherheiten belasteten Fahrzeugs Abstand nehmen (OLG Köln, Beschluss vom 03. Januar 2019 — 18 U 70/18 —, Rn. 30, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. März 2019 — 13 U 142/18 —, Rn. 67, juris). Mit der üblichen Weiterveräußerung gebrauchter Fahrzeuge mussten die Mitarbeiter der Beklagten rechnen. Das Vorstellungsbild von Gebrauchtwagenkäufern unterscheidet sich, wie den Mitarbeitern der Beklagten ebenfalls bekannt gewesen sein muss, in Bezug auf das Durchlaufen des Genehmigungs- und Zulassungsverfahren nicht von dem eines Neuwagenkäufers. Die Konsequenzen bzw. Folgen des Einsatzes der Software lagen für alle damit befassten Mitarbeiter auf der Hand und wurden von ihnen billigend in Kauf genommen, wie das Inverkehrbringen der Motoren im Wissen um diese Konsequenzen bzw. Folgen signalisiert.

 

d)

Das Verhalten und den Vorsatz dieser Mitarbeiter muss sich die Beklagte zurechnen lassen.

 

Ihr wird nicht nur das Verhalten und Wissen ihrer Organe im aktienrechtlichen Sinne zugerechnet. Sie haftet auch für ihre sonstigen verfassungsmäßig berufenen Vertreter. Verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB ist, wem durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, er also die juristische Person auf diese Weise repräsentiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 — VII ZR 82/65 —, BGHZ 49, 19-24, Rn. 11). Dabei setzt die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB in Verbindung mit § 31 BGB voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat; entscheidend ist also, dass sämtliche Merkmale der unerlaubten Handlung in der Person eines Vertreters erfüllt sind (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 — VI ZR 536/15 —, juris).

 

Es ist davon auszugehen, dass der Vorstand der Beklagten oder jedenfalls ein verfassungsmäßiger Vertreter nicht nur über umfassende Kenntnisse von dem Einsatz der oben geschilderten Software verfügte, sondern auch in der Vorstellung die Herstellung und die Inverkehrgabe der mangelbehafteten Motoren veranlasste, dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis weiter veräußert werden würden. Der entsprechende Vortrag der klagenden Partei gilt als zugestanden, weil die Beklagten die gegen sie sprechende tatsächliche Vermutung, die ihr eine sekundäre Darlegungslast auferlegt, nicht durch substantiierten Gegenvortrag erschüttert hat. Aufgrund der unstreitigen äußeren Umstände besteht hier tatsächliche Vermutung für die Kenntnis des Vorstands, welche die Beklagte im Wege der sekundären Darlegung zu entkräften hat. Angesichts der Tragweite der Entscheidung über die riskante Gestaltung der Motorsteuerungssoftware, die für eine Diesel-Motorengeneration konzipiert war, welche flächendeckend konzernweit in vielen Millionen Fahrzeugen eingesetzt werden sollte, erscheint es mehr als fernliegend, dass die Entscheidung für eine greifbar rechtswidrige Software ohne Einbindung des Vorstands erfolgt und lediglich einem Verhaltensexzess untergeordneter Konstrukteure zuzuschreiben sein könnte. Es handelt sich der Sache nach um eine Strategieentscheidung mit außergewöhnlichen Risiken für den gesamten Konzern und auch massiven persönlichen Haftungsrisiken für die entscheidenden Personen, dem bei den untergeordneten Konstrukteuren kein in Anbetracht der arbeits- und strafrechtlichen Risiken annähernd adäquater wirtschaftlicher Vorteil gegenübersteht. Wer die Zustimmung zur Entwicklung und zum Einsatz einer Software in der Motorsteuerung für Millionen von Neufahrzeugen erteilt, muss eine wichtige Funktion in einem Unternehmen haben und mit erheblichen Kompetenzen ausgestattet sein. Soweit es sich dabei nicht um einen Vorstand handelt, spricht im Hinblick auf das Gewicht der Entscheidung zumindest eine starke tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich um einen Repräsentanten im Sinn der höchstrichterlichen Rechtsprechung handelt, weil er Entscheidungen trifft, die üblicherweise der Unternehmensführung vorbehalten sind (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. März 2019 — 13 U 142/18 —, Rn. 54-58, juris). Die Beklagte ist im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast gehalten, durch konkreten Tatsachenvortrag Umstände darzulegen, welche die für die Kenntnis des Vorstands sprechende tatsächliche Vermutung zu erschüttern vermögen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. März 2019 — 13 U 142118 —, Rn. 71, juris). Diese hat die Beklagte nicht entkräftet, indem sie schlicht vorgetragen hat, der Vorstand habe nach ihrem Erkenntnisstand Kenntnis vom Einsatz der Software erst am Wochenende 19./20.09.2015 erlangt. Allein diese Behauptung lässt einen Handlungsexzess eines untergeordneten Mitarbeiters nicht hinreichend wahrscheinlich erscheinen.

 

e)

Die Lehre vom Schutzbereich der Norm gebietet im vorliegenden Fall keinen Ausschluss des von der klagenden Partei geltend gemachten Schadens.

 

Für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen. Ein Verhalten kann hinsichtlich der Herbeiführung bestimmter Schäden, insbesondere auch hinsichtlich der Schädigung bestimmter Personen, als sittlich anstößig zu werten sein, während ihm diese Qualifikation hinsichtlich anderer, wenn auch ebenfalls adäquat verursachter Schadensfolgen nicht zukommt. Die Ersatzpflicht beschränkt sich in einem solchen Fall auf diejenigen Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen (BGH, Urteil vom 11. November 1985 — II ZR 109/84 —, BGHZ 96, 231-244, Rn. 15).

 

Entscheidend ist also, dass der Schaden der klagenden Partei Folge gerade des Sittenverstoßes ist. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die VO(EG) 715/2007 nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen dient, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen, nämlich der Weiterentwicklung des Binnenmarkts durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen sowie der Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus. Unabhängig von der Frage, ob es eine effektive Umsetzung des Europarechts gebietet, Schadensersatzansprüche auch dort zuzuerkennen, wo die verletzten Normen primär keinen individualisierten Schutzzweck verfolgen (so Oechsler, NJW 2017, 2866), ist die klagende Partei hier nicht vom Kreis der Schadensersatzberechtigten ausgenommen. Denn ein Verstoß der Beklagten gegen die Vorgaben der Verordnung steht hier nicht im Vordergrund des Sittenwidrigkeitsurteils. Die Manipulation der Abgaswerte zielte nicht nur auf eine Umgehung von Harmonisierungsvorschriften, sondern gerade auch auf die individuelle Vermögensdisposition des Kunden. Die Beklagte nutzte das Vertrauen der Kunden in das Genehmigungs- und Zulassungssystem zu ihrem Vorteil aus. Zwischen dem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten und dem Schaden der klagenden Partei besteht ein innerer Zusammenhang; denn die klagende Partei ist gerade zum Kauf des mit einem Mangel behafteten Fahrzeugs sittenwidrig veranlasst worden. Als Ergebnis der vorstehenden Erwägungen droht auch keine Ausuferung der Haftung. Die Abgrenzung des Kreises der Ersatzberechtigten im Rahmen des § 826 BGB erfolgt anhand des Vorsatzerfordernisses. Ausschlaggebend ist, ob der in Rede stehende Schaden noch vom Vorsatz des Schädigers gedeckt ist. Dies ist —wie bereits aufgezeigt wurde — der Fall.

 

f)

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat die Beklagte den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

 

Der Schadensersatzanspruch der klagenden Partei umfasst daher zunächst die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von insgesamt 23.940,00 €. Denn ohne die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung hätte die klagende Partei das Fahrzeug nicht erworben und den Kaufpreis nicht gezahlt. Im Gegenzug muss die klagende Partei der Beklagten die ihr an dem Fahrzeug samt Zubehör zustehenden Rechte verschaffen. Sie hat den Klageantrag insoweit bereits dahingehend eingeschränkt, dass eine Verurteilung der Beklagten nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des erworbenen Fahrzeugs erfolgen soll.

 

Die klagende Partei muss sich darüber hinaus im Wege der Vorteilsausgleichung die Vorteile anrechnen lassen, die sie durch die Nutzung des Fahrzeugs erzielt hat. Es findet eine Verrechnung von Amts wegen statt. Denn andernfalls stände sie durch das schädigende Ereignis besser, als sie es ohne die Schädigung tun würde. Die klagende Partei hätte ohne den Kauf des Fahrzeugs keine Vermögensvorteile in Form der während der Besitzzeit gezogenen Nutzungen erzielt. Die dafür zu berücksichtigende Entschädigung berechnet das Gericht nach der üblichen Formel: Gebrauchsvorteil = Bruttokaufpreis multipliziert mit den gefahrenen Kilometern und dividiert durch die erwartete Gesamtfahrleistung (bzw. bei Gebrauchtfahrzeugen durch die voraussichtliche Restlaufleistung). Die zu erwartende Gesamtlaufleistung schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 250.000 km. Danach ergibt sich hier ein Nutzungsvorteil in Höhe von 8.084,68 €.

 

g)

Der Anspruch der klagenden Partei ist nicht verjährt. Die Verjährung des Anspruchs aus § 826 BGB richtet sich nach §§ 195, 199 BGB. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Kenntnis des Gläubigers ist jedoch erst vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Schuldner eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung in einem Maße Erfolgsaussicht hat, dass sie zumutbar ist. Der klagenden Partei war es angesichts der unklaren Rechtslage bislang unzumutbar eine Klage gegen die Beklagte anzustrengen. Nach der Rechtsprechung des Bundegerichtshofs kann der Beginn der Verjährung ausnahmsweise hinausgeschoben sein, wenn die Klageerhebung für den Gläubiger objektiv unzumutbar ist, weil die Rechtslage besonders verwickelt und problematischer ist oder wenn gewichtige rechtliche Zweifel vor der Klärung der Rechtslage bestehen (BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 — I ZR 222114 —, Rn. 42, juris; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 — XI ZR 348/13 —, BGHZ 203, 115-140, Rn. 48;). In diesem Fall tritt der Verjährungsbeginn erst dann ein, wenn eine zutreffende Einschätzung der Rechtslage möglich ist. Im vorliegenden Fall ist der Beginn der Verjährung weiterhin hinausgeschoben. Die Rechtslage ist bezüglich der Schadensersatzansprüche von Fahrzeugeigentümern gegenüber der Beklagten höchst umstritten. Die Parteien weisen jeweils daraufhin, dass eine große Zahl von Landgerichten in Deutschland ihren jeweiligen Rechtsstandpunkt unterstützt. Teilweise besteht über die Rechtslage zwischen Kammer desselben Gerichts und sogar zwischen den Einzelrichtern einzelner Kammern Uneinigkeit über rechtliche Grundfragen. Einem Geschädigten ist die Klageerhebung objektiv unzumutbar, weil für ihn nicht vorhersehbar ist, wie eine Klage von einem damit befassten Gericht entschieden wird. Es hängt für ihn letztlich vom Zufall ab, ob er an einen Spruchkörper gerät, der seiner Klage stattgibt oder sie abweist. Zwar ist inzwischen eine Tendenz innerhalb der Rechtsprechung zugunsten von geschädigten Fahrzeugeigentümern erkennbar. Solange eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem vergleichbaren Fall nicht vorliegt, muss die Rechtslage aber als ungeklärt angesehen werden. Das benachteiligt die Beklagte auch nicht unangemessen; sie hat es mit in der Hand, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs und damit eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen.

 

Auf eine etwaige Hemmung durch die Anmeldung zur Musterfeststellungsklage kommt es daher nicht an.

 

2.

Der Anspruch auf Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

 

Ohne Erfolg beansprucht die klagende Partei Zinsen nach § 849 BGB. Der Zweck des § 849 BGB besteht darin, den später nicht nachholbaren Verlust der Nutzbarkeit einer Sache auszugleichen (BGH, Versäumnisurteil vom 26. November 2007 — II ZR 167/06 —, juris). Für die Anwendung dieser Vorschrift ist deshalb in Fällen der vorliegenden Art, wo der Geschädigte das für den Verlust der Nutzbarkeit des Kaufpreises erlangte Fahrzeug tatsächlich ohne jede Einschränkung nutzen konnte, kein Raum.

 

3.

Anhand des klägerischen Vortrags kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klage in Höhe eines Betrages von 6.641,78 € zunächst zulässig und begründet war und dann durch ein nachträgliches Ereignis, nämlich infolge der andauernden Nutzung und der dadurch bedingten Erhöhung der anzurechnenden Nutzungsentschädigung, unbegründet geworden ist. Denn die klagende Partei hat nicht mitgeteilt, welche Laufleistung das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Klageerhebung aufwies, sodass nicht nachvollzogen werden kann, welche Strecke das Fahrzeug während des Prozesses zurückgelegt hat.

 

Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Beklagte befindet sich mit der Rücknahme des Fahrzeugs nicht im Annahmeverzug. Die klagende Partei hat der Beklagten die von ihr zu erbringende Gegenleistung weder mit Schreiben vom 06.05.2019 noch in der Klageschrift ordnungsgemäß angeboten. Zwar dürfte ein wörtliches Angebot im vorliegenden Fall grundsätzlich ausreichen, §§ 293, 295 BGB. Die klagende Partei hätte die Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs aber nur zu Bedingungen anbieten dürften, von denen sie die Rückgabe tatsächlich abhängig machen durfte (BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 — VIII ZR 275/04 —, BGHZ 163, 381¬391, Rn. 30). In dem vorgerichtlichen Schreiben und den Schriftsätzen in diesem Prozess hat die klagende Partei die Herausgabe des Fahrzeugs stets von der Zahlung eines Betrages abhängig gemacht, den sie nicht für sich beanspruchen konnte. Durch die unzureichende Anrechnung eines Vorteilsausgleichs hat sie im Gegenzug eine deutlich höhere Zahlung gefordert als geschuldet.

 

4.

Die klagende Partei hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.899,24 € aus § 826 BGB.

 

Die grundsätzliche Haftung ergibt sich zwar aus den unter Ziff. 1 dargestellten Erwägungen. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist aber, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war. Dabei ist auch zu prüfen, ob vertretbare sachliche Gründe für eine rein außergerichtliche Geltendmachung bestanden haben oder ob dadurch lediglich Mehrkosten verursacht worden sind. Ist der Gläubiger bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig. Hierbei handelt es sich um echte, vom Geschädigten darzulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzungen und nicht lediglich um im Rahmen des § 254 BGB bedeutsame, die Ersatzpflicht beschränkende und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallende Umstände (OLG München, Beschluss vom 12. Juni 2018 — 8 U 3169/17 —, Rn. 18, juris). Die klagende Partei hat hier nicht dargelegt, dass solche vertretbaren sachlichen Gründe für die außergerichtliche Geltendmachung mit dem Schreiben vom 06.05.2019 bestanden.

 

Ein Zinsanspruch scheidet insofern mangels Hauptanspruchs aus.

 

5.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.

 

6.

Der Streitwert wird auf bis zu 25.000,00 € festgesetzt.

 

XY

Beglaubigt

Urkundsbeamter/in der Geschäftsstelle Landgericht Duisburg


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So auch:

LG Trier, Urt. v. 19.9.2019 – 5 O 417/18, BeckRS 2019, 24472: kein Beginn des Laufs der Verjährungsfrist vor Klärung der Rechtslage durch BGH;

LG Frankfurt (Main), Urt. v. 5.2.2020 – 2-04 O 321/19, BeckRS 2020, 2495.

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